Mobilitätswende? Kein Problem!

Der Technologiewechsel im Automobilbau vom Verbrenner zum Elektroantrieb verlangt vielen Maschinenbauern einiges ab. Wie sich ein Betrieb in nur wenigen Jahren erfolgreich auf die neuen Anforderungen ausrichtet, zeigen die Grob-Werke. Zerspanungssysteme und Werkzeugmaschinen bilden dort heute nurmehr die Hälfte des Geschäfts. Parallel positioniert sich das Unternehmen führend bei Fertigungsanlagen für Elektromotoren, wie sie die Automobilindustrie jetzt verbaut - mit einem weltweiten Marktanteil von rund 70 Prozent.
Die Mobilitätswende bietet laut Grob-CEO German Wankmiller große Chancen – in der Zerspanung wie in der Montage. – Bild: GROB-WERKE GmbH & Co. KG

Nach wie vor folgt das Unternehmen Grob seiner langjährige Firmenphilosophie: Mit einer hohen Fertigungstiefe möglichst viele Produktionsprozesse Inhouse abbilden, um die Qualität in der eigenen Hand zu behalten. „Wir stellen alle anspruchsvollen und komplexen Teile selbst her“, unterstreicht German Wankmiller, CEO und Vorsitzender der Geschäftsführung. Das sei an einem Hochlohnstandort nur durch moderne Automatisierung wirtschaftlich möglich. Dann aber biete die hohe Fertigungstiefe von rund 80 Prozent große Vorteile – gerade in Zeiten von Lieferkettenproblemen.

Breit aufgestellt

Als Zulieferer der Automobilindustrie fertigt Grob schon seit Jahrzehnten leistungsfähige Zerspanungsanlagen. Seit 2008 nimmt auch das Geschäft mit Serienmaschinen kontinuierlich zu. Einen weiteren wichtigen Bereich bilden komplette Montageanlagen – ursprünglich mit Fokus auf den klassischen Antriebsstrang, jetzt immer stärker im Bereich der Stator-, Rotor- und Elektromotormontage. Zudem wird der Start in die Batteriezellenmontage aktuell vorbereitet. Und auch die additive Fertigung soll künftig eine wichtige Rolle einnehmen.

Zahlreiche Interessenten trafen sich auf der Hausmesse Mitte 2022 in Mindelheim. – Bild: GROB-WERKE GmbH & Co. KG

Dieses Kompetenzspektrum präsentierte Grob auf seiner Hausmesse Mitte des Jahres. Eine Vielzahl von Partnern war ebenfalls vor Ort, darunter Fanuc, Schunk, Erowa, Siemens, Heindenhain, Sanvik, Zoller, Color Metal, Ruf oder Walter. „Wir haben in unserem Technologie- und Anwendungszentrum eine kleine EMO aufgebaut“, so Vertriebsgeschäftsführer Christian Müller mit einem Augenzwinkern. Entsprechend gab es viele Bearbeitungszentren zu sehen – rund 20 Baureihen hat Grob mittlerweile im Programm. „In Summe kommen wir auf 900 Werkzeugmaschinen, die allein vom Standort Mindelheim jährlich ausgeliefert werden“, sagt Wankmiller. Die Maschine selbst mache dabei oft nur die Hälfte des Auftrags aus – die anderen 50 Prozent entfallen auf Automation, Spannsysteme oder Prozesstechnik.

Geschäftsfeld E-Mobilität

Ergänzend zur Hausausstellung gewährte Grob einen spannenden Blick hinter die Kulissen: in die eigene Fertigung und das noch relativ junge Geschäftsfeld Elektromobilität. „Die Mobilitätswende macht uns keine Sorgen“, versichert Wankmiller. Einerseits gebe es in Elektroautos viele neue Zerspanteile, um den Wegfall der Verbrennungsmotoren zu kompensieren. Andererseits hat Grob in der Mobilitätswende eine große Chance gesehen, um neben dem Geschäft mit Zerspanungslösungen einen komplett neuen Unternehmensbereich zu schaffen. Nach sechs Jahren konsequenter Umsetzung zielt man damit präzise auf die neue Art benötigter Motoren. Für die im Automobilbau vorherrschenden Hairpin-Wickeltechnik hat sich Grob in der doch recht kurzen Zeitspanne große Fertigungskompetenz aufgebaut.

Auf der Hausausstellung wurden auch neue Roboterzellen und Automationslösungen gezeigt. – Bild: GROB-WERKE GmbH & Co. KG

„Wir haben 2016 schnell festgestellt, dass es die für die Mobilitätswende benötigte Produktionstechnik noch überhaupt nicht gab“, blickt CEO Wankmiller zurück. „Deswegen haben wir das entsprechende Fertigungs-Knowhow selbst aufgebaut.“ Die heute von Grob realisierten Anlagen bestehen aus sechs bis zehn verketteten Maschinen, die vom Biegen des Kupferdrahts bis zur roboterbasierten Imprägnierung der fertigen Statoren den kompletten Prozess abbilden. „In diesem Bereich halten wir einen weltweiten Marktanteil von rund 70 Prozent“, hebt Finanzchef Wolfram Weber hervor. Gut ein Drittel des Umsatzes generiere man bereits mit der Elektromobilität – Zerspanungslösungen für diese Branche nicht mitgezählt. „Entsprechend fühlen wir uns im Umfeld der Automobilindustrie nach wie vor gut aufgehoben.“ Christian Grob, Vorsitzender des Aufsichtsrats, ergänzt: „Wir haben frühzeitig die Weichen in Richtung Elektromobilität gestellt. Rückwirkend betrachtet, waren für den heutigen Erfolg aber doch auch ein langer Atem und einige Reserven nötig.“

Batteriefertigung + 3D-Druck

Den nächsten Schritt beim Thema Elektromobilität will Grob in Richtung Batteriefertigung gehen. Auch hier hat das Unternehmen schon eine Menge Knowhow aufgebaut und erste Pilotanlagen an die Autoindustrie ausgeliefert. Mittelfristig will das Unternehmen den europäischen Fahrzeugbauern die Basis liefern, um im Wettbewerb gegenüber den heute noch tonangebenden asiatischen Batterieherstellern bestehen zu können. Das Hauptaugenmerk legt Grob dabei auf besondere Qualität der Produkte und sehr niedrige Taktzeiten. Ein ebenfalls noch recht junges Tätigkeitsfeld für Grob ist die additive Fertigung. Dazu waren auf der Hausmesse ebenfalls die passenden Anlagen zu sehen. Während der Fokus hier aktuell noch auf Metal Printing mit Aluminium liegt, will sich das Unternehmen künftig auch zur Verarbeitung von Kupfer hin entwickeln.

Automation im Fokus

Auf der Hausmesse hatte Grob zwei GRC-Roboterzellen sowie weitere Automationslösungen prominent platziert. Ganz neu gezeigt wurde der Palettenturmspeicher PSS-T300 für Fünfachsmaschinen zur Anbindung von bis zu zwei Maschinen sowie zwei Rüstplätzen. „Mit der Automation beschäftigen wir uns als Lieferant für die Automobilindustrie schon seit Jahrzehnten“, erklärt der Grob-CEO. Das Spektrum reicht in der Zerspanung von Robotern über Palettenspeicher bis zu Verkettungslösungen. Dazu kommen komplett automatisierte Anlagen, die Grob für die Montageprozesse im Automobilbau anbietet. In Summe reicht das Spektrum der Automationslösungen von Easy-to-Use und standardisiert bis High-end und sehr komplex. „Egal, ob kundenindividuelle Lösungen für Konzerne oder einfach zu bedienende Lösungen für den Mittelstand: Allen Anwendungen gemein ist, dass sie auf die modernen Ansprüche einer 24/7-Fertigung ausgelegt sind“, fährt Wankmiller fort. CSO Müller fügt an: „Während man früher normalerweise die Maschine mit einer Automationslösung verkauft hat, verkaufen wir heute oft eher die Automationslösung mit einer Maschine.“ Man gehe davon aus, dass sich die Branche noch stärker in Richtung Industrieroboter entwickeln werde, um starre Konzepte zu ersetzen und zusätzliche Prozessschritte wie Entgraten oder Reinigen zu integrieren.

Kurzum: Bei Grob steigt der Stellenwert der Automation – letztendlich sogar in doppelter Hinsicht. Von den rund 200 Bearbeitungszentren, die Grob in der eigenen Fertigung einsetzt, sind rund 80 automatisiert. Ziel ist es, die Quote auf rund 60 Prozent zu erhöhen. Diese Richtung schlagen auch die Kunden des Unternehmens ein: Mittlerweile verkauft Grob fast jede zweite Serienmaschine mit einer passenden Automationslösung. (mby)

www.grobgroup.com

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