Fachartikel: FreeTurn in Besigheim

Die Weiterentwicklung der innovativen Drehtechnologie mit High Dynamic Turning und den FreeTurn-Werkzeugen schreitet voran. Sie kommt aktuell in der eigenen Produktion von Ceratizit in Besigheim zum Einsatz - und spart dort Zeit, Geld und Ressourcen.
Aufgrund der Umstellung auf High Dynamic Turning (HDT) erzielte Ceratizit in Besigheim beim Fertigen von Grundkörpern für Wendeplattenbohrer erhebliche Einspareffekte.
Aufgrund der Umstellung auf High Dynamic Turning (HDT) erzielte Ceratizit in Besigheim beim Fertigen von Grundkörpern für Wendeplattenbohrer erhebliche Einspareffekte. Bild: Ceratizit Deutschland GmbH

„Mit High Dynamic Turning (HDT) und unseren FreeTurn Tools wollen wir die Welt des Drehens revolutionieren“ – so lautete 2018 die provokative Aussage von Ceratizit zur AMB in Stuttgart. Zwei Jahre später ist der Werkzeughersteller diesem Ziel einen weiteren entscheidenden Schritt nähergekommen: Das System kommt nun erfolgreich am Produktionsstandort in Besigheim zur Anwendung. „Dr. Thomas Ledermann, Produktionsleiter für Sonderwerkzeuge, wollte die Vorteile der neuen Drehtechnologie im eigenen Haus nutzen und hat die Implementierung des Systems angeregt“, erinnert sich Produktmanager Paul Höckberg. „Also haben wir eine Zeichnung von einer geeigneten Kontur zusenden lassen und das Projekt gestartet.“

5-Achs-Simultan-Zyklus

Als Maschine wurde die DMG Mori CTX beta 1250 TC gewählt, da sie alle Voraussetzungen für ein hochdynamisches Drehen erfüllt. Sie ist nicht nur HDT-Ready, sondern zählt auch zu den verbreitetsten Bearbeitungszentren auf dem Markt. „Dadurch können wir bestätigen, dass viele Fertigungsbetriebe bereits die Möglichkeit besitzen, HDT und FreeTurn anzuwenden“, begründet Höckberg. Das Bauteil, der Grundkörper eines Wendeplattenbohrers, wurde anschließend über die Siemens Sinumerik 840d Steuerung und mit einem 5-Achs-Simultan-Zyklus von OpenMind optimiert und eingefahren – mit bemerkenswerten Ergebnissen.

Maschinenbediener Markus Lutz und Paul Höckberg, Produktmanager bei Ceratizit (l.): Mit einer Zeitersparnis von fast 50 Prozent pro Bauteil wurde das ursprüngliche Optimierungsziel deutlich übertroffen.
Maschinenbediener Markus Lutz und Paul Höckberg, Produktmanager bei Ceratizit (l.): Mit einer Zeitersparnis von fast 50 Prozent pro Bauteil wurde das ursprüngliche Optimierungsziel deutlich übertroffen.Bild: Ceratizit Deutschland GmbH

Mehrere Vorteile

Anstatt der sonst üblicherweise drei unterschiedlichen Werkzeuge wurde das Bauteil mit nur einem FreeTurn-Tool gefertigt. Noch beeindruckender waren jedoch die Schnittdaten: Mit einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 220m/min, einem Vorschub von f = 0,48mm/U sowie einer Zustelltiefe ap von 4mm war der FreeTurn dem konventionellen Werkzeug bereits überlegen. Beim Schlichten konnte sogar eine Schnittgeschwindigkeit von 400m/min erzielt werden.

>>Wir hätten es niemals für möglich gehalten, solche enormen Schnittgeschwindigkeiten in Baustahl zu fahren<<

„Wir wussten unser FreeTurn ist gut. Allerdings hätten wir es niemals für möglich gehalten, solche enormen Schnittgeschwindigkeiten in Baustahl (X40CrMoV51) zu fahren“, staunt Höckberg. „Im Vergleich zur bisherigen, konventionellen Bearbeitung konnten wir pro Bauteil 2,25min Produktionszeit, 3,53Euro Produktionskosten und 0,42kW/h Energie sparen.“

Funktionsprinzip der Drehtechnologie

Beim HDT wird – anstatt der klassischen, statischen Anstellung mit einem Klemmhalter – die Frässpindel genutzt, um das FreeTurn-Werkzeug am zu bearbeitenden Werkstück anzustellen. Da sich die Frässpindel mit einem Freiwinkel von 360° um die eigene Achse dreht, ist eine komplett flexible Anstellung am Werkstück möglich. Die Bearbeitung lässt sich damit in nahezu allen Richtungen steuern.

Der Vorteil: Mit nur einer Wendeschneidplatte sind verschiedene Zerspanungsoperationen durchführbar, ein zeitintensiver Werkzeugwechsel entfällt. Die Schneidkanten der Wendeschneidplatten können zudem für verschiedene Prozesse ausgelegt sein. Dadurch lassen sich alle bekannten Drehoperationen wie Schruppen, Schlichten, Konturdrehen, Plan- und Längsdrehen mit nur einem Werkzeug durchführen. Diesen Mehrwert möchten die Experten in Besigheim auch für die eigene Produktion nutzen.

Weitere Umsetzung geplant

Aufgrund der positiven Ergebnisse ist geplant, weitere Bauteile mit der neuen Drehtechnologie zu fertigen. Neben der Softwarelösung von Open Mind wird zudem eine Programmierung über Siemens NX geprüft, um auch in diesem Bereich möglichst flexibel zu bleiben. „Wir freuen uns schon jetzt darauf, unsere Produktionen wo es geht nach und nach auf High Dynamic Turning und FreeTurn umzurüsten“, betont Produktmanager Paul Höckberg.

www.ceratizit.com

Ceratizit Deutschland GmbH

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH
Bild: Gebr. Heller Maschinenfabrik GmbH
130 Jahre Werkzeuge und Maschinenfabrik

130 Jahre Werkzeuge und Maschinenfabrik

Hermann Heller eröffnete 1894 in Nürtingen ein Handelsgeschäft und eine Fabrikation für geschützte Artikel sowie Uhrmacherwerkzeuge. Mit dem Vertrieb von Werkzeugen aller Art legte der Techniker den Grundstein für den langfristigen Erfolg. Der Einstieg in den Maschinenbau gelang 1898 mit der Produktion von Kaltkreissägen zum Sägen von Metallen sowie der Fertigung von Sägeblattschärfmaschinen und Gewindeschneidapparaten.

Bild: Trumpf Gruppe
Bild: Trumpf Gruppe
AM4industry auf der Rapid.Tech 3D

AM4industry auf der Rapid.Tech 3D

Die Rapid.Tech 3D startet vom 14. bis zum 16. Mai 2024 in ihre 20. Auflage. Das Forum AM4industry steht am Eröffnungstag dabei erstmals auf dem Programm. Initiator und Organisator ist die Arbeitsgemeinschaft Additive Manufacturing (AM) des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Die VDMA-Arbeitsgemeinschaft hat zudem die ideelle Trägerschaft der Fachveranstaltung übernommen.

Bild: Arno Werkzeuge - Karl-Heinz Arnold GmbH
Bild: Arno Werkzeuge - Karl-Heinz Arnold GmbH
Universelle Werkzeuge für komplexe Fertigungsaufgaben

Universelle Werkzeuge für komplexe Fertigungsaufgaben

Wenn es beim Fräsen mal weniger um Großserien geht, entscheiden andere Kriterien als Standzeit oder Vorschubgeschwindigkeit über die Wirtschaftlichkeit der Werkzeuge. Und wer den Maschinenbau allumfassend bedient, wünscht sich neben flexiblen Universalwerkzeugen auch fachkompetente Prozessberatung. Bei Kneer Mechanik befindet sich mit Arno Werkzeuge seit Jahren dafür der passende Partner an Bord.

Bild: ©romaset/iStock.com / Rhenus Lub GmbH & Co. KG
Bild: ©romaset/iStock.com / Rhenus Lub GmbH & Co. KG
Mehr Nachhaltigkeit in der Fertigung dank neuem Kühlschmierstoff

Mehr Nachhaltigkeit in der Fertigung dank neuem Kühlschmierstoff

Mit rhenus XT 85 Green setzt Rhenus Lub aus Mönchengladbach einen neuen Standard in Sachen Nachhaltigkeit. Der biologisch abbaubare Kühlschmierstoff (KSS) ist eine leistungsstarke Alternative für alle Metallbearbeiter, die besonderen Wert auf nachhaltigere Produkte legen. Mit über 85 Prozent enthält das Produkt einen hohen Anteil an biogenem Kohlenstoff. Der Vorteil: Das Konzept nutzt CO2 als aktiven Gestaltungsbaustein.

Bild: RX Austria & Germany/FRB Media/Fabbro
Bild: RX Austria & Germany/FRB Media/Fabbro
Fachmesseduo für die Metallverarbeitung

Fachmesseduo für die Metallverarbeitung

Vom 23. bis zum 26. April 2024 wird die Messe Wels in Österreich zum Anlaufpunkt für die metallverarbeitende Industrie: Der erstmalige Zusammenschluss der beiden Fachmessen Intertool & Schweissen schafft eine einzigartige Plattform sowohl für Industriekonzerne als auch für kleine und mittlere Gewerbebetriebe. Hochkarätige Aussteller präsentieren ihre Innovationen für die gesamte Produktionskette von der Konstruktion über die Fertigung bis hin zur Auslieferung. Parallel dazu findet auf drei Bühnen Wissenstransfer auf hohem Niveau statt.