
Innerhalb von WFL Millturn Technologies ist der Bereich Tooling Solutions speziell auf die Zerspanung schwieriger Bearbeitungsbereiche ausgerichtet. Dabei wird im österreichischen Linz das Ziel verfolgt, mit intelligenten Werkzeuglösungen ein komplexes Werkstück noch schneller und genauer herzustellen. Ein Beispiel dafür stellt das Testwerkstück eines Rootsrotors dar. Bei dem rund 400mm langen Teil mit etwa 160mm Außendurchmesser aus Grauguss GG60 handelt es sich um den Läufer eines Drehkolbenverdichters. Unter Verwendung spezieller Formfräser dreht und fräst er diesen Rotor auf der M40 Millturn bis auf Endmaß in Schleifqualität. Das geschieht im automatisierten 24/7-Betrieb mit enorm verkürzten Durchlaufzeiten.
Hightech-Kombination notwendig
Bisher war das Schleifen in der Rotorenfertigung nötig, weil die erforderliche Genauigkeit und Oberflächengüte durch Fräsen nicht erreicht wurde. „Mit dem neuen Verfahren können wir zwar nicht bei allen Anwendungen auf das Schleifen verzichten, in diesen Fällen reicht es aber, dass sich mit unserer Vorgehensweise die Schleifzugaben erheblich reduzieren – denn das Schleifen auf Rund- und Profilschleifmaschinen ist bei Kompressorrotoren immer ein extrem aufwendiger und teurer Vorgang“, erläutert Manfred Baumgartner, der als Produktmanager den Bereich WFL Tooling Solutions verantwortet. „Das Schlichtfräsen wird beim gezeigten Rootsrotor übrigens auf drei verschiedene Formfräser aufgeteilt und die Übergänge zwischen den Fräsern durch automatisches Messen korrigiert. Darum benötigen wir hier die Kombination aus Hightech-Werkzeug, einer Regelkomponente und optimaler Messtechnik.“

Algorithmus für optimale Korrekturen
Beim Schlichtprozess wird zunächst auf ein paar Zehntel Millimeter Übermaß vorbearbeitet. Die Messung dieser Kontur geschieht auf der Maschine. Maschinenseitig wird hierfür der digital-analog arbeitende Messtaster TC63-Digilog von Blum-Novotest eingewechselt, mit dem die Linzer direkt in der Aufspannung das gefräste Profil über den gesamten Umfang hinweg scannen. So werden in diesem Fall die Formgenauigkeit und die Konzentrizität des Bauteils festgestellt, ‚und zwar superschnell‘, wie WFL betont. Aus der auf diesem Wege ermittelten Kontur – auch dargestellt am Display der Steuerung – berechnet ein Algorithmus für jeden Werkzeugeingriff die optimalen Korrekturen. Anhand dieser Korrekturwerte wird das Werkzeug dann für die nächste Bearbeitung in zwei Richtungen verschoben sowie in der C-Achse verdreht und so über diese drei Achsen die Ist- an die Soll-Kontur angepasst. Die Soll-Kontur (am Display als schwarze Kurve dargestellt) orientiert sich am 3D-Modell des Bauteils, das vom 3D-CAD- und CAM-System geliefert wird und womit der Programmierer auch die NC-Daten ableitet.

Von Beginn an faszinierend
WFL integriert Messtechnik von Blum-Novotest schon seit vielen Jahren in die Maschinen, allerdings meist Lasersysteme zur Werkzeugmessung. Als Blum vor etwa vier Jahren die digital-analog arbeitenden Messtaster mit Shark360 Digilog-Messwerk vorstellte, faszinierte WFL das damit mögliche scannende Tasten von Beginn an. Jedoch ging es den Linzern zunächst um die automatische Rauheitsmessung, die mit der ebenso digital-analog messenden RG-Tasterreihe – in diesem Fall dem TC63-RG – möglich ist. Seither findet auf Millturn-Maschinen auf Wunsch die Rauheitsmessung im Rahmen einer In-Prozess-Lösung komplett automatisch statt, ohne die Maschinentür öffnen zu müssen, wie es beim sonst üblichen manuellen Ermitteln der Rauheitswerte notwendig ist. Dies bietet entscheidende Vorteile in der Fertigung, gerade bei automatisierten Prozessen im Mannlosbetrieb.
Aufbauend auf den positiven Erfahrungen mit dem RG-Taster entstand die Idee, das scannende Tasten mit den Messtastern der Digilog-Reihe zur automatischen Rundlaufmessung einzusetzen. Das war der zweite umgesetzte Anwendungsfall, der seither von WFL verkauft wird. Der Taster generiert dabei analog durch ‚Scannen‘ über die Oberfläche mit bis zu 2m/min und sekundenschnell tausende Messwerte, die im Millisekundenbereich per Funk störungsfrei an einen im Maschinenraum untergebrachten Empfänger übertragen werden.
„Ohne die Messtechnik von Blum wäre das Projekt mit den Formfräsern so nicht umzusetzen gewesen. Mit dem Digilog-Taster brauchen wir lediglich 20 bis 30s einschließlich Auswertung“, unterstreicht Manfred Baumgartner und weist auf die Herausforderung bei der Herstellung von Kompressorrotoren hin. „Die Genauigkeit erstreckt sich über den gesamten Zylinderbereich. Die Anwendung unserer Lösung bei den Rotoren ist quasi die Königsklasse – denn wenn dies hier funktioniert, funktioniert es auch bei anderen Anwendungen.“
Stets auf Komplettbearbeitung ausgelegt
Die Historie von WFL Millturn Technologies reicht bis ins Jahr 1948 zurück. In den 80er Jahren stellte der Betrieb die ersten CNC-4-Achsen-Drehmaschinen her, die zudem mit bis zu fünf Achsen fräsen konnten. Unter dem Namen Millturn firmieren die Linzer – sowohl bei den Maschinen als auch beim Unternehmen – seit ihrer Teilprivatisierung 1993. Aktuell bietet WFL rund 20 verschiedene Millturn-Modelle an, die Drehlängen zwischen 1.000 und 14.000mm sowie Drehdurchmesser von 520 bis 2.000mm abdecken und stets für die Komplettbearbeitung ausgelegt sind.