Forschungsunternehmen prüft Hartmetallsorte

Bild 1. Übersichts- und Detailaufnahme des Gefüges der upGrade-Sorte CT-GS20Y in a) und b) sowie in c) und d) der Premiumhartmetallsorte CTS20D, aufgenommen am MCL mit einer Zeiss Gemini SEM 450. Für die Aufnahmen wurde die Probenoberfläche mit Argon-Ionen poliert. In den Abbildungen erscheint das Wolframkarbid hell, der Kobaltbinder hingegen dunkel.

Nachhaltigkeit ist für die Ceratizit Group eine wichtige Thematik, die sie mit ihren upGrade-Sorten auch ihre Kunden weitergibt. Die Hartmetall Produktlinie von Ceratizit zeichnet der gewissenhafte Energieeinsatz, die Ressourceneffizienz und sparsamer Verbrauch von Rohstoffen, Wiedergewinnung von Sekundärrohstoffe in Form von recycelten Zerspanungswerkzeugen aus Hartmetall aus: Daraus resultiert eine drastische Reduzierung des CO2-Fußabdrucks. Die neue upGrade-Sorte CT-GS20Y ist wie die Premiumhartmetallsorte CTS20D ein 10 Prozent Binder-Submikron-Hartmetall mit einer eingestellten Wolframkarbidkorngröße von 0,5 bis 0,8µm. Genau diese Sorte wird bevorzugt für Bohr- und Fräswerkzeuge aus Vollhartmetall angewendet und deckt damit 70 Prozent dieses Einsatzfeldes ab.

Gefügestruktur bei beiden Sorten gleichartig

Um den Qualitätsanforderungen zu genügen, unterzog Ceratizit ihre neue Hartmetallsorte CT-GS20Y, die aus 99 Prozent hochwertigen Sekundärrohstoffen besteht, eingehenden Zerspanungsversuchen. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Hartmetallsorte CT-GS20Y der etablierten Premiumhartmetallsorte CTS20D in Hinblick auf erzielbare Werkstückoberflächengüte und der Widerstandsfähigkeit gegen Werkzeugbruch um nichts nachsteht. Dennoch möchten die Werkzeugspezialisten unter Beweis stellen, dass Sekundärrohstoffe in ihrem Produkt keinen Einfluss auf Verformungs- und Kriecheigenschaften unter extremen thermischen und mechanischen Lasten haben.

Bild 2. Elektronenrückstreubeugung (EBSD) Abbildungen der upGrade-Sorte CT-GS20Y und der Premiumhartmetallsorte CTS20D: a) und b) zum Bestimmen der Kornorientierung in den Wolframkarbidkörner und c) der Karbidkorngrößen. Die farbliche Legende zeigt die Orientierung der Kristallite in Miller Indizes. Bild: Materials Center Leoben Forschung GmbH

Im Zuge eines gemeinsamen Forschungsprojekts untersuchte das Forschungsunternehmen Materials Center Leoben Forschung (MCL) die mechanischen Eigenschaften sowie das Belastungs- und Schädigungsverhalten der Hartmetallsorten CT-GS20Y und CTS20D. Um das Gefüge zu beurteilen, kam am MCL hochauflösende Rasterelektronenmikroskopie (REM) zum Einsatz. Das REM bildet die Probenoberfläche durch Abtasten mit einem gebündelten Elektronenstrahl ab. Dies erlaubt, die Verteilung der Wolframkarbide in der Kobaltmatrix zu untersuchen. Bild 1 zeigt die Gefügeaufnahmen von CT-GS20Y und CTS20D. Trotz eines hohen Sekundärrohstoffanteils in der Sorte CT-GS20Y weisen beide Hartmetallsorten dieselbe Gefügestruktur auf. Zusätzlich wurde die Form der Wolframkarbide begutachtet, die keinerlei Unterschied zwischen den Hartmetallsorten erkennen ließ.

EBSD-Untersuchungen verdeutlichen Korngrößenverteilung

Zusätzlich wurden Elektronenrückstreubeugungsuntersuchungen (EBSD) durchgeführt, um kristallografische Information zu extrahieren: EBSD gestattet die Unterscheidung von kristallographischen Phasen und beispielsweise die Korngrößen, -orientierung und -grenzen zu charakterisieren. Die Bilder 2a) und 2b) zeigen Kristallorientierungsbilder der Wolframkarbidkörner der upGrade-Sorte CT-GS20Y und der Premiumhartmetallsorte CTS20D. Die Wolframkarbid Korngrößenverteilung beider Hartmetallsorten auf Basis der EBSD Aufnahmen ist in Bild 2c) dargestellt. Die Karbidkorngrößenverteilung zeigt eine Streuung vom Nanometerbereich bis hinauf zu vereinzelten 2,0µm großen Körnern. In beiden EBSD Aufnahmen wurden ungefähr 5000 Karbide erfasst, wobei der Großteil davon in der eingestellten Submikrongröße zwischen 0,5 und 0,8µm vorliegen.

Verhalten bei verschiedenen Temperaturen

Während dem Einsatz beispielsweise als Werkzeugmaterialien in der Zerspannung sind Hartmetalle hohen Belastungen und Temperaturen ausgesetzt. Je nach bearbeitetem Material, verwendetem Fertigungsverfahren und angewandten Prozessparametern werden Temperaturen zwischen 600 und 1000°C erreicht. Um das Materialverhalten während der Zerspanung zu verstehen, wurden am MCL Experimente unter monoton steigender und zyklischer Beanspruchung sowie Kriechversuche unter konstanter Last und erhöhter Temperatur durchgeführt.

Bild 3. Servohydraulische Prüfmaschine mit Vakuumkammer am MCL, b) Einblick in die Vakuumkammer mit eingebauter Hartmetallprobe, c) bei 800°C glühende Probe und d) zeigt die Spannungs-Dehnungskurven von CTS20D und CT-GS20Y bei Raumtemperatur sowie weiteren verschiedenen Temperaturen bis hin zu 900°C unter monoton steigender Druckbelastung

Um die Hartmetallsorten unter einachsiger Belastung sowie bei Temperaturen zwischen Raumtemperatur und 900°C zu prüfen, kam eine servohydraulische Prüfmaschine mit Vakuumkammer zum Einsatz (Bild 3a). Die Längenänderung während des Versuches wurden berührungslos mit einem hochpräzisen Laserextensometer gemessen (Bild 3b). Die Probe wurde dabei induktiv auf die gewünschte Temperatur gebracht und die Konstanz der Temperatur über die Messlänge mit dem Einsatz von Thermoelementen sichergestellt. Die Proben verfügen über eine Sanduhr-Geometrie, um ein Ausknicken unter Druckbelastung zu verhindern. Bild 3c) zeigt eine glühende Probe bei 800°C. Die Spannungs-Dehnungskurven – aufgenommen unter monoton steigender Druckbelastung – zeigen, dass mit einem Temperaturanstieg von Raumtemperatur bis zu 900°C die Steifigkeit der beiden Hartmetallsorten signifikant abnimmt (Bild 3d).

Seiten: 1 2

  • Granit für den präzisen Werkzeug-Schliff

    Da können Zerspantechnologie und Software noch so Hightech sein – Schwingungen oder unkontrollierte Wärmeausdehnung von Maschinenkomponenten sind immer hinderlich für das Endergebnis…


  • Schleifmittel für komplexe Prozesse

    3M präsentiert auf der GrindingHub 2024 neue Hochleistungsschleifmittel für vielfältige Anwendungen, u.a. die Diamant-Abrichtrollen 6JGS/6JGM für das Verzahnungsschleifen. Ebenfalls zu sehen ist…


  • Metal Show & TIB im Mai 2024

    Eine interessante Tür nach Osteuropa öffnet die Veranstaltung Metal Show & TIB. Als B2B- und führende Messe in Rumänien für metallverarbeitende Industrie,…


  • 130 Jahre Werkzeuge und Maschinenfabrik

    Hermann Heller eröffnete 1894 in Nürtingen ein Handelsgeschäft und eine Fabrikation für geschützte Artikel sowie Uhrmacherwerkzeuge. Mit dem Vertrieb von Werkzeugen aller…