Marco Hin steht draußen und wartet schon. Die Sonne wärmt die Morgenluft. „Eigentlich könnten wir das Interview auch draußen führen“, bemerkt der 42-jährige Unternehmensgründer mit einem Augenzwinkern. Stattdessen öffnet er eine Seitentür in der Mitte des weißen Flachbaus, lässt das klingende Surren der Fräsmaschinen raus – und uns hinein. Wir stehen innerhalb einer Halle, in der sich fünf 5-Achs-Bearbeitungszentren (BAZ) von Hermle aneinanderreihen. Noch lassen sie etwas Platz, u.a. für je eine CNC-Dreh- und CNC-Flachschleifmaschine. Am Ende wissen wir, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis es auch hier eng werden könnte. Dabei ist die Firma HIN Feinmechanik erst 2020 ins neue Gebäude in Waldkirch bei Freiburg im Breisgau eingezogen, inklusive verdreifachter Produktionsfläche.
Made in Germany
2014 erfüllte sich Marco Hin den Wunsch, sein eigener Chef zu sein. Die ersten Teile waren simpel: kleine auf Länge abzufräsende Adapterplatten aus Aluminium, abzudrehende Schrauben und Ventilblöcke aus Kunststoff mit Bohrbild. Drei Monate nach der Gründung investierte der Betrieb in das erste Hermle-BAZ. „Ich komme aus dem Formenbau“, begründet Marco Hin, „und dort ist Hermle oft vertreten, weil die Bearbeitungszentren aus Gosheim zuverlässig und präzise zerspanen.“ Einer der Hauptgründe sei jedoch zudem der sehr gute Kundenservice – sowohl für Neu- als auch Gebrauchtmaschinen.
Die gebrauchte C 800 V bestätigte die Meinung des Jungunternehmers: 2015 stieg er mit einer ebenfalls gebrauchten C 600 U in die 5-Achs-Bearbeitung ein und investierte 2016 erstmals in ein 5-Achs-BAZ direkt aus Gosheim. „Mir ist es wichtig, dass wir ‚Made in Germany‘ produzieren. Da ist es ebenso naheliegend, dass unsere Maschinen und Werkzeuge ebenfalls aus Deutschland kommen und wir das Ganze mit Hermle-Maschinen umsetzen“, erklärt Hin.
Personal wertschätzen
Was ihm ebenfalls wichtig ist: die Wertschätzung der Mitarbeiter, für die der Südbadener Lohnfertiger wohl bekannt ist. Das Problem, kompetente Fachkräfte für sich zu gewinnen, habe er nicht, wie der Unternehmer versichert. Wie er das schafft? „Ich verfolge die Strategie: eine Maschine, ein Mann, ein CAM-System. Denn der bessere Programmierer ist derjenige, der selbst fräst und umgekehrt.“ Jeder Zerspaner entscheidet demnach eigenverantwortlich, wie er seine Aufträge optimal fertigt. „Das gestaltet den Beruf und den Arbeitsplatz hier interessant“, ergänzt Hin.
2017 erweiterte eher ungeplant noch eine gebrauchte C 800 U den Maschinenpark, 2018 baute Hin den Dreh-Bereich aus. Vier Jahre nach der Firmengründung arbeiteten fünf Mitarbeiter an vier Fräszentren und einer Drehmaschine – heute sind es bereits zehn Angestellte. Sie konstruieren und fertigen Prototypen, Klein- und Großserien bis 5.000 Stück. Stark ist HIN Feinmechanik auch im Vorrichtungsbau – beispielsweise zum Biegen von Kanülen, zum Zentrieren von Blechen für die Laserbearbeitung oder zum Schleifen in der Faseroptik. Entsprechend vielfältig sind die zu bearbeiteten Materialien: Aluminium, Buntmetalle, Carbon, Edelstahl, Kunststoffe, Magnesium, Titan und Werkzeugstahl. „Je nach Branche liegen die Toleranzen mal im Zehntel-, mal im Hundertstelbereich. Und für die High-Perfomance-Anwendungen brauchen wir einfach die Präzision der Hermle-Maschinen“, verdeutlicht Marco Hin.
>>Wir sind mit Hermle immer gut gefahren<<
2019 baute Hin die betrieblichen Strukturen weiter aus, 2020 folgte der eingangs erwähnte Umzug in das aktuelle Fertigungsgebäude. Zeitgleich kaufte er mit der C 250 U das fünfte BAZ von Hermle.“ Ende Januar fuhr der Hermle-Lkw auf den Hof… rückblickend ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt: Gerade umgezogen, mit neuen Mitarbeitern und einer neuen Maschine hatte er die Weichen auf Wachstum gestellt. Dann zwang die Corona-Zeit seine Auftraggeber zum Rückzug – Umsatzeinbruch und Kurzarbeit folgten.
Was Marco Hin daraufhin tat, brachte ihm einen Preis ein: Er investierte erneut. Diesmal jedoch in seine Mitarbeiter, die Website und Werbung. „Wir gingen einfach einen anderen Weg. Auch um die Motivation hochzuhalten und um die Frage ‚Wie geht es jetzt weiter?‘ zu beantworten“, erklärt der Firmenchef. Er stockte das Kurzarbeitergeld auf, führte Tankgutscheine und das Dienstrad-Leasing ein. Die Wertschätzung für seine Mitarbeitenden drückt Hin zudem mit Fotocollagen aus, die gut sichtbar den Flur zwischen Büroräumen und Produktionshalle säumen. „Es geht voran“, war das Signal, was er damit erfolgreich setzte.