„Obwohl wir das einzige Zentrum der Catapult-Allianz sind, das sich auf nur einen Industriesektor konzentriert und Expertise in der Herstellung von Reaktorstrukturen und der Entsorgung von Atommüll vorhält, unterstützen wir die britische Industrie auch bei Herausforderungen mit großen Bauteilen. Denn selbst wenn es sich nicht um Nuklearapplikationen handelt, so ist es doch die Größe der Teile, auf die wir uns wirklich spezialisiert haben“, erörtert Andrew Wright, Produktionsleiter des Teams Bearbeitungstechnologie im Nuclear AMRC.
„Wir verfügen über einige der weltweit größten Bearbeitungsplattformen im Segment Forschung und Entwicklung für Werkstücke bis zu 50 Tonnen. Die Soraluce FX-12000 ist eine der größten horizontalen Bohrwerke und kann Werkstücke bis zu 12x5x5m aufnehmen – das entspricht zwei nebeneinander geparkten Doppeldeckerbussen.“
XXL als Standard
Neben dem großen Soraluce-Bohrwerk steht ein Horizontal-Bohrwerk von Heckert: die HEC 1800 für Werkstücke bis zu 20 Tonnen mit einem Durchmesser von 3,3m und 2,5m Höhe. Die Dörries-Vertikaldrehmaschine (VTL) ist in der Lage, Teile bis zu einem Durchmesser von 5m und einer Höhe von 3m zu drehen. Hinzu kommen eine Reihe weiterer großer sowie kleinerer moderner Werkzeugmaschinen (WZM).
Sehr eng gefasste Toleranzwerte und oft extrem teure Rohstoffe – dafür gibt es im Nuclear AMRC Fertigungsanlagen im Wert von über 35 Millionen GBP. State of the art ist hier eine schlichte Notwendigkeit, da es praktisch keinen Spielraum für Fehler gibt. Das hängt auch damit zusammen, dass die meisten zu bearbeitenden Teile komplexe Geometrien aufweisen, die Bearbeitungsflächen schwierig zu erreichen sind und die Aufträge oft nur Losgröße 1 umfassen.
Digitale Zwillinge für den Maschinenschutz
Der Schutz der WZM ist den Ingenieuren hier zur zweiten Natur geworden. „Sämtliche im CAD/CAM erstellten Programme für unsere Werkzeugmaschinen müssen eine NC-Code-Simulation durchlaufen. Seit unserem Start im Jahr 2012 arbeiten wir deshalb mit CGTech zusammen“, so Wright. „Vericut hat uns von Anfang an begleitet – und es ist wichtig, dass unsere Programme ausnahmslos in einer virtuellen Umgebung getestet werden, bevor sie auf die Maschinen gehen.“ Für jede WZM verfügt das Nuclear AMRC über digitale Zwillinge. „Mit Vericut“, erörtert der Produktionsleiter, „können wir also alles simulieren, um sicherzustellen, dass es keine Kollisionen zwischen der Maschine, dem Bauteil oder der Aufspannung gibt. Und natürlich auch, ob zum Beispiel die Schneide das Material verletzt oder beim Versuch in enge Arbeitsräume zu gelangen irgendwo anstößt.“
>>Dank Vericut können wir mit modernen Zerspanungswerkzeugen und hohen Vorschubgeschwindigkeiten arbeiten<<
Im Nuclear AMRC kommt eine Vielzahl von CAD/CAM-Paketen zum Einsatz, einschließlich EdgeCAM, SolidCAM und Siemens NX. Das hat Vorteile, denn so kann das Fertigungszentrum eine enge Zusammenarbeit mit verschiedenen Kunden pflegen und hochmoderne Algorithmen zum Erzeugen von Werkzeugwegen nutzen. „Die spezielle Vericut-Schnittstelle für jedes einzelne CAD/CAM-Softwaresystem bedeutet, dass wir beide Programme nebeneinander mit ununterbrochenem Datenfluss betreiben können. Da es sich um eine nahtlose Integration handelt, kann die Software unsere Master-Werkzeugdatenbanken und die Vorrichtungsdatenbank gemeinsam nutzen“, weiß Andrew Wright zu schätzen.
Neue Prozesse mit Force testen
Das Team im Nuclear AMRC testet ständig neue Bearbeitungstechniken, um sowohl den geometrischen Anforderungen der Komponenten und den Prozessbedürfnissen der Industrie gerecht zu werden als auch neue Materialherausforderungen wie Legierungen mit hoher Entropie zu bewältigen. „Um diese Bereiche voll und ganz zu unterstützen, verwenden wir jetzt das Modul Vericut Force“, gibt der Produktionsleiter weitere Einblicke.
„Wenn wir uns neue und neuartige Bearbeitungstechniken ansehen, wollen wir genau wissen, was los ist. Wir geben die Force Daten ein und nehmen einige Messungen vor, damit wir die Ergebnisse darstellen können. Force ist zudem ideal für Berechnungen zur Werkzeugstandzeit – gerade in der Nuklearindustrie ein großes Plus, wo der Werkzeugverschleiß ein bedeutender Faktor ist. Wenn wir uns mit der Bearbeitung eines Bauteils befassen, werden die NC-Werkzeugbahnen mithilfe des Force Analyse-Moduls innerhalb von Vericut überprüft, um nach Überbelastungen der Werkzeuge zu suchen.“
Force erlaube es den Ingenieuren, die Einstellungen für die Bearbeitungen zu ändern, Zyklen und sogar die CAM-Software zu tauschen. „Die andere Sache, mit der wir es bei so großen Werkzeugmaschinen zu tun haben, sind sehr dynamische Werkzeugwege. Das könnte tatsächlich dazu führen, dass wir die Grenzen der Werkzeugmaschinen in Bezug auf die Beschleunigungsraten überschreiten“, führt Wright weiter aus. „Mit dem dynamisch optimierten Werkzeugweg aus Vericut, der eine komplexe Geometrie bearbeitet, können wir mit modernen Zerspanungswerkzeugen und hohen Vorschubgeschwindigkeiten arbeiten. Die Grenze ist heutzutage nicht das Schneidwerkzeug, es sind andere Dinge im Prozess. Wir können diese Faktoren in einer virtuellen Vericut-Umgebung mit Force berücksichtigen, um sicherzustellen, dass der gesamte Prozess realistisch, robust und zuverlässig ist.“
Fehlerfrei zerspanen
Das Programm überprüft den tatsächlichen NC-Code, den die Maschine ausführen wird. So werden potenzielle Fehler bereits auf der virtuellen Maschine entdeckt, bevor es in die reale Fertigung geht. „Eine unabhängige CNC-Simulationssoftware wie Vericut ist unerlässlich. Ich kann mir nicht vorstellen, warum ein Produktionsingenieur nicht darauf bestehen würde, sie zu verwenden“, sagt Produktionsleiter Andrew Wright. „Wir müssen auch keine Zeit ans Einfahren und das Testen auf der Maschine verschwenden – das passiert alles in Vericut.“