Engagement für Nachhaltigkeit: Ist das für ein mittelständisches Unternehmen überhaupt relevant?
Frank-M. Wohlhaupter: Das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten der EU wollen mit ihrer CSR (Corporate Social Responsibility)-Richtline die Transparenz über ökologische und soziale Aspekte von Betrieben erhöhen. Die neuen Berichtspflichten betreffen insbesondere große börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigen. Diese wiederum überprüfen ihre Lieferketten – und damit wird Nachhaltigkeit auch für Mittelständler zu einem wichtigen Thema.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Wir erhalten regelmäßig Fragebögen von unseren großen Kunden, in denen explizit nach unseren Maßnahmen zur Ressourcenschonung gefragt wird. Wenn wir hier keine Aktivitäten aufführen könnten, würde dies unser Rating verschlechtern. Schlimmstenfalls wäre die Zusammenarbeit gefährdet.
Was haben Sie bei Wohlhaupter bereits umgesetzt?
Schon seit über zehn Jahren bezieht Wohlhaupter seine Energie über Geothermie aus der Erde. Ein Erdsondenfeld mit 44 Bohrungen à 95 Meter Tiefe in Kombination mit drei elektrischen Wärmepumpen stellt im Winter eine Heizleistung von 300 Kilowatt zur Verfügung. Im Sommer kühlt die Anlage die Produktionsgebäude und gewährleistet so die hohe Präzision unserer Produkte.
Der Name Wohlhaupter…
… ist seit über 90 Jahren international ein Begriff für innovative Präzisionswerkzeuge für die Bohrungsbearbeitung. Als Marktführer für modulare Werkzeugsysteme in Deutschland ist der Zerspanungsspezialist weltweit der Anbieter mit dem größten Programm an Werkzeugen mit digitaler Verstellwegmessung und nennt sich entsprechend ‚World Leader in Digital Boring Tools‘.
Wir haben in unseren 7.500m2 großen Produktions- und Verwaltungsgebäuden von Halogen-Metalldampflampen und Leuchtstoffröhren auf energieeffiziente LED-Beleuchtung umgestellt – und sparen damit im Jahr rund 70 Tonnen CO2 ein. Des Weiteren befinden sich Systeme zur Wärmerückgewinnung aus der Produktion und Drucklufterzeugung im Einsatz. Erst vor kurzem haben wir zudem einen Tiefpassfilter installiert, der den Stromverbrauch weiter reduziert.
Das ist beeindruckend. Geht da noch mehr?
Definitiv, denn Verantwortung für Mensch und Umwelt ist fest im Markenkern von Wohlhaupter verankert. Allerdings müssen wir als mittelständisches Unternehmen auch bei jeder Maßnahme prüfen, ob sie sich amortisiert – kurz-, mittel- oder wenigstens langfristig. Persönlich würde ich gerne das eine oder andere früher anpacken, aber dies ist in aller Regel mit hohen Investitionen verbunden, selbst wenn es Förderungen von öffentlicher Seite gibt.
Ihr Betrieb ist auch Partner der VDMA-Nachhaltigkeitsinitiative Blue Competence?
Richtig, denn diese Brancheninitiative halten wir für sehr wichtig. Wir können uns hier mit anderen Firmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau vernetzen, Erfahrungen austauschen und voneinander lernen. Wir orientieren uns dabei an den zwölf Leitsätzen der Nachhaltigkeitsinitiative, die Themen wie Ressourcenschutz und Klimaneutralität, Fairness und den Schutz der Menschenrechte behandeln.
>>Es gibt schon noch Luft nach oben<<
Durch unser Engagement bei Blue Competence verpflichten wir uns, hohe Standards einzuhalten, auch bei unseren Produkten, die besonders langlebig sind. Dies kommunizieren wir auch aktiv gegenüber Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern.
Was halten Ihre Mitarbeiter von diesem Engagement?
Die unterstützen unsere Bemühungen. Als Geschäftsführer eines mittelständischen Betriebs habe ich den Vorteil, dass ich meine Anliegen direkt mit meinen Mitarbeitern besprechen und sie überzeugen kann. Entscheidend ist aber, dass wir das, was wir sagen, auch wirklich leben. Nachhaltigkeit bedeutet ja nicht nur, ökologisch sinnvoll zu agieren, sondern auch ein Unternehmen verantwortungsvoll zu führen und sozial zu handeln. Hier sind wir als Familienunternehmen mit mehr als 90 Jahren Tradition vorbildlich.
Inwieweit spielt Nachhaltigkeit auch beim Arbeitgebermarketing eine Rolle?
Junge Menschen schauen schon ganz genau, was ihr potenzieller Arbeitgeber bei diesem Thema zu bieten hat. Natürlich müssen auch alle anderen Rahmenbedingungen stimmen; aber Firmen, die sich Gedanken um die Zukunft des Planeten machen, sind für sie attraktiv. Wir beteiligen uns am Umweltmanagementprogramm Ökoprofit unseres Landkreises und bringen uns auch hier bei regionalen Projekten zum Klimaschutz ein.