Fachbericht: Automobilbranche setzt auf innovative Bohrwerkzeuge

Bohren spielt nicht nur im klassischen Werkzeug- und Formenbau eine große Rolle, sondern auch bei der Automobilherstellung. Für jedes Fahrzeug gilt es, hunderte Bohrungen durchzuführen: in Getriebewellen, Motorblöcken, Airbag-Treibstoffkammern, Nockenwellen und anderen Motorteilen. Wohlhaupter aus Frickenhausen und Allied Machine & Engineering kennen sich in diesem Umfeld bestens aus.
Werkstoffspezifische Schneideinsätze sorgen für einwandfreie Spanbildung.
Werkstoffspezifische Schneideinsätze sorgen für einwandfreie Spanbildung.Bild: Allied Machine & Engineering Corp.

In jeder Produktionslinie für Kraftfahrzeugteile laufen die Fließbänder ununterbrochen – effiziente Werkzeuge sind daher ein wichtiger Aspekt auch in puncto Rentabilität. Jede Minute, in der eine Spindel Bohrungen nicht effizient ausführt, geht Automobilherstellern Geld verloren. Deshalb machen sie sich selbst scheinbar kleine Änderungen an den Werkzeugen zunutze.

Das Werkzeug ist bei hohen Schnittgeschwindigkeiten einsetzbar und verringert damit die Kosten der Bohrungen im Durchschnitt um 25 Prozent.
Das Werkzeug ist bei hohen Schnittgeschwindigkeiten einsetzbar und verringert damit die Kosten der Bohrungen im Durchschnitt um 25 Prozent.Bild: Allied Machine & Engineering Corp.

Individuelle Lösung für einen Zulieferer

Moderne Technologien lassen sich nahtlos in den Prozess integrieren, ohne die Produktion zu unterbrechen. Solche Innovationen senken die Kosten und steigern die Gewinnspanne. Ein gutes Beispiel dafür ist die Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit, die Allied Machine & Engineering, das amerikanische Mutterunternehmen von Wohlhaupter, für den Tier-1-Zulieferer eines großen Automobilherstellers durchgeführt hat. Gefordert war eine Lösung zum Bearbeiten einer großvolumigen Getriebewelle aus einer schwer zerspanbaren Stahllegierung. Beim vorhandenen, in kleinen Aufnahmeschäften gespannten Werkzeug kam darüber hinaus ein Kühlmittelsystem mit niedrigem Druck zur Anwendung. Infolgedessen entstanden große abrasive Späne, die sich an der Außenseite des Halters festsetzten oder auf dem Grund der Bohrung lagen und sich nicht abtransportieren ließen. Aufgrund der schlechten Oberflächengüte der Bohrung konnte das Werkzeug nur 200 bis 400 Bohrungen pro Einsatz leisten und verursachte zugleich einen hohen Ausschuss.

T-A Pro Bohrsystem: Die Kühlmittelauslässe sind so konstruiert, dass ein maximaler Fluss zur Schneidkante geleitet wird, um an dieser kritischen Stelle die Wärme abzuführen - selbst bei höchsten Geschwindigkeiten.
T-A Pro Bohrsystem: Die Kühlmittelauslässe sind so konstruiert, dass ein maximaler Fluss zur Schneidkante geleitet wird, um an dieser kritischen Stelle die Wärme abzuführen – selbst bei höchsten Geschwindigkeiten. Bild: Allied Machine & Engineering Corp.

>>Die Standzeit der Werkzeuge um 280 Prozent erhöht<<

Allied Machine führte die Untersuchung der Spanbildung in seinem eigenen TechCenter durch – außerhalb der Fertigungslinie des Herstellers und nicht an dessen Serienmaschinen, sodass es zu keinem Produktionsausfall kam. In der Versuchswerkstatt simulierten die Experten die genauen Maschinenbedingungen und Pumpendrücke des Herstellers, um die Spanabfuhr zu optimieren. Das von Allied entwickelte Werkzeug ist ein spezieller Halter für einen T-A-Schneideinsatz, der insgesamt besonders ruhig und ausgeglichen läuft. Das maßgeschneiderte Werkzeug bohrt nun länger gerade, produziert exaktere Bohrungen und verschleißt gleichmäßiger. Es umfasst einen einstellbaren Fixierstift für noch mehr Präzision beim Werkzeug, einen größeren Lagerdurchmesser am Halter und zusätzliche Kühlmittelauslässe im Bereich der gelöteten Hartmetallführungsleisten des Dreifachbohrerhalters. Diese Konstruktion verringert das Spiel zwischen Halter und Schneideinsatz, erhöht aber zugleich die Unterstützung durch die Führungsleisten.

Bessere Spanbildung, bessere Leistung

Der geführte T-A-Bohrer kommt in Kombination mit einem neu entwickelten Schneideinsatz zur Anwendung, der die Aufbauschneide reduziert. Der austauschbare Schneideinsatz erlaubt eine bessere Spanbildung, höhere Standzeiten, eine geringere Spindelbelastung und eine gleichmäßigere Schneidkante. Der T-A-Schneideinsatz und die maßgeschneiderte Bohrtechnologie gestatten es den Maschinen, mit geringem Kühlmitteldruck eine deutlich bessere Leistung zu erzielen, die der modernen Maschinen mit Hochdruck-Kühlmittelversorgung gleichkommt. Die Spanbildung ist nun gering und überschaubar; die Späne werden über die Spannuten abgeführt und die Ratterneigung auf der Innenseite der Bohrung ist vollständig beseitigt. Das neue Werkzeug erzielt eine ausgezeichnete Oberflächengüte, eliminiert viel Ausschuss und erhöht die Standzeit der Werkzeuge um 280 Prozent. Mit jeder Wendeschneidplatte lassen sich etwa 1.200 Bohrungen erzielen – drei- bis sechsmal mehr als mit dem vorherigen Werkzeug.

Weniger Ausschuss mit der richtigen Spanformung

Ein weiteres innovatives Beispiel ist eine Anwendung für Bohrungen in der Treibstoffkammer von Airbags, an der Allied Machine kürzlich gearbeitet hat. Das Kundenunternehmen hatte ebenfalls Probleme mit der Spanbildung; die Größe des Spans führte praktisch zu einer ‚Locke‘ im Inneren des Teils, weshalb eine große Anzahl von Teilen verschrottet werden musste.

Seiten: 1 2Auf einer Seite lesen

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: INGERSOLL Werkzeuge GmbH
Bild: INGERSOLL Werkzeuge GmbH
Anwenderstory: Stabil in die Tiefe bohren

Anwenderstory: Stabil in die Tiefe bohren

Die beiden Unternehmen Deutsche Aircraft und Heggemann entwickeln gemeinsam verbesserte Flugzeugfahrwerke für die DAG Regionalflugzeugflotte DO328 TP & Jet sowie die zurzeit in Entwicklung befindliche zukünftige Turboprop-Variante D328eco. Zur Herstellung der Bauteile sind tiefe Bohrungen erforderlich. Meissner aus Biedenkopf-Wallau übernahm diese Aufgabe für den Zulieferer, dessen Bearbeitungszentren dafür zu klein sind. Die entsprechenden Tools baute Ingersoll Werkzeuge aus seinem InnoFit-System mit dem Schwingungsdämpfer I-Absorber und passenden Fräsern modular auf.

Bild: Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH - Nico Sauermann
Bild: Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH - Nico Sauermann
Für Langdrehmaschinen optimiert

Für Langdrehmaschinen optimiert

Der Werkzeughersteller Paul Horn aus Tübingen hat nie aufgehört, das bestehende Produktportfolio stets weiterzuentwickeln und zu optimieren. Parallel dazu integriert Horn die Wertschöpfung zu nahezu 100 Prozent in die eigene Produktion. Die Einsatzmöglichkeiten der Werkzeugsysteme sind inzwischen enorm gewachsen. Die heutigen Zerspanungsaufgaben und der Einsatz in einem vielfältigen Werkstoffspektrum verlangen eine ständige Weiterentwicklung und Anpassung der Werkzeugsysteme.

Bild: Igus GmbH
Bild: Igus GmbH
Next Level Recycling

Next Level Recycling

Kunststoffe sind besonders vielseitig anwendbar und in unserem Alltag umfassend im Einsatz. Erreichen sie ihr Lebensende, landen sie jedoch häufig in der Verbrennungsanlage. Um kostbare Ressourcen und die Umwelt zu schonen, gilt es eine nachhaltige Kunststoffwirtschaft zu fördern. Dieses Ziel verfolgt auch der Kölner Kunststoffspezialist Igus mit seiner Recycling-Plattform ‚Chainge‘.

Bild: Porsche
Bild: Porsche
Temporeiche Kooperation

Temporeiche Kooperation

Der Werkzeugmaschinenspezialist Heller aus Nürtingen ist ab sofort neuer Technologiepartner von Porsche Penske Motorsport. Erstmals sichtbar wird die Kooperation beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans am 10. und 11. Juni 2023. „Heller und Porsche Penske Motorsport verbindet die gleichen Werte: Präzision im Detail und Nachhaltigkeit in Entwicklung und Produktion“, beschreibt Heller Vorstandschef Dr. Thorsten Schmidt die neue Partnerschaft.

Bild: Ultimaker B.V.
Bild: Ultimaker B.V.
Erweiterungssatz für den 3D-Druck mit Metallen

Erweiterungssatz für den 3D-Druck mit Metallen

Der Anbieter Ultimaker aus den Niederlanden erweitert sein Portfolio um ein Metal Expansion Kit, das den 3D-Druck aus Metall verfügbarer und kostengünstiger machen soll. Durch den Erweiterungssatz lassen sich Bauteile mit hoher mechanischer Belastung und thermischer Beständigkeit produzieren, die selbst mit Hochleistungs-Thermoplasten bisher nicht herstellbar sind.

Bild: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Bild: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Neues Mitglied im Vorstand

Neues Mitglied im Vorstand

Der Schaeffler-Aufsichtsrat hat mit Wirkung ab 1. Mai 2024 Sascha Zaps (48) zum Mitglied des Vorstands der Schaeffler AG und zum neuen Vorstand Industrial berufen. Er folgt in dieser Position auf Dr. Stefan Spindler (61), der seinen Vertrag aus Altersgründen nicht über den 30. April 2024 hinaus verlängern wird. Dr. Stefan Spindler hatte die Rolle am 1. Mai 2015 übernommen. Sascha Zaps (Bild) kam 2019 zu Schaeffler und wurde am 1. September 2021 zum Regional CEO Europa ernannt.

Bild: KISSsoft AG
Bild: KISSsoft AG
Festigkeitsberechnung von Kegelrädern

Festigkeitsberechnung von Kegelrädern

Die Festigkeitsberechnung von Kegelrädern nach Normen wie ISO, AGMA etc. wird auf der Basis von Ersatzstirnrädern durchgeführt – lediglich modifiziert durch einige spezifische Kegelradfaktoren. Die Auslegungsmethoden dieser Normen umfassen auch die Berechnung der zulässigen Beanspruchungen und ergeben schließlich die Sicherheitsfaktoren. Mithilfe der Kontaktanalyse für Kegelräder lassen sich die Beanspruchungen berechnen.

Bild: Automation24 GmbH
Bild: Automation24 GmbH
Konfigurierbare Sicherheitslösungen

Konfigurierbare Sicherheitslösungen

Um den stetig wachsenden und sich ändernden Sicherheitsauflagen bei modernen Produktionsanlagen gerecht zu werden, baut Automation24 sein Angebot an Sicherheitstechnik sukzessive aus. So sorgen die Sicherheitsschaltleisten und -bumper vom Hersteller ASO Safety Solutions für ein sicheres Stoppen von Systemen und für die Sicherung an Quetsch- und Scherkanten. Beide Komponenten sind im Online-Shop konfigurierbar und lassen sich auf die werkseigenen Bedingungen anpassen.