Fachbericht: Prozessregelung beim mechanischen Festwalzen

Für hochbelastete Bauteile ist das mechanische Festwalzen ein effizientes Verfahren, um die Lebensdauer zu steigern. Weil Möglichkeiten der Prozessüberwachung fehlen, besteht bisher jedoch ein erhebliches Defizit bei der Automatisierung des Prozesses. In einem Kooperationsprojekt zwischen der Firma MCU und dem IFW der Universität Hannover wurde mit Unterstützung von Ecoroll ein neuartiges sensorisches Werkzeug entwickelt, mit dem sich nun erstmalig die Walzkräfte zweiachsig im Prozess überwachen lassen. Damit ist die Grundlage für eine Prozessüberwachung und -regelung geschaffen.
Das kraftsensitive Festwalzwerkzeug – basierend auf dem EG45 von Ecoroll mit sensorischem Werkzeughalter und kabelgebundener Signalübertragung
Das kraftsensitive Festwalzwerkzeug – basierend auf dem EG45 von Ecoroll mit sensorischem Werkzeughalter und kabelgebundener Signalübertragung – Bild: IFW – Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover

Die lebensdauersteigernde Wirkung des mechanischen Festwalzens wird durch das Einglätten der Werkstückoberfläche, eine Kaltverfestigung der Randzone sowie insbesondere dem Einbringen von Druckeigenspannungen erreicht.

Defizite bei der Automation

Bestimmen der sensorischen Eigenschaften des Festwalzwerkzeugs mithilfe eines Dynamometers in der Werkzeugmaschine
Bestimmen der sensorischen Eigenschaften des Festwalzwerkzeugs mithilfe eines Dynamometers in der Werkzeugmaschine – Bild: IFW – Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover

Die eingebrachten Druckeigenspannungen lassen sich in größerer Tiefe nur zerstörend messen. Um die Bauteilqualität dennoch bewerten zu können, ist die Überwachung des Prozesses entscheidend. Als besonders sensitive Größe stellt sich dabei die Festwalznormalkraft dar. Zur automatisierten Überwachung dieser fehlt bisher jedoch ein geeignetes Sensorkonzept. Am IFW – Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen wurde daher mit Unterstützung von Ecoroll Werkzeugtechnik ein neuartiges sensorisches Festwalzwerkzeug entwickelt, das mehrachsige Kraftdaten im Prozess aufnimmt. Das Unternehmen MCU entwickelt darauf basierend ein Prozessüberwachungssystem, das die Prozesskräfte mit maschineninternen Daten verknüpft und somit die Prozessüberwachung und -regelung des Festwalzprozesses gestattet.

Neues kraftsensitives Festwalzwerkzeug

Zum vollständigen Überwachen der Festwalznormalkraft müssen Kraftwerte in Maschinen Z- und X-Richtung im Prozess vorliegen. Bisher am Markt verfügbare digitale mechanische Festwalzwerkzeuge, zum Beispiel die Werkzeuge von Ecoroll mit ECOsense-Technologie, erlauben aktuell eine einachsige Walzkraftmessung. Das neuentwickelte Festwalzwerkzeug bietet hingegen eine zweiachsige Messung der Festwalznormalkraft. Das Werkzeug basiert dabei auf einem Festwalzwerkzeug des Typs EG45 von Ecoroll. Um die sensorischen Eigenschaften zu realisieren, wurde der Werkzeughalter angepasst und mit Dehnungsmessstreifen versehen.

Danksagung

Das Kooperationsprojekt (ZF4810001LP9 + ZF4070523LP9) ‚Prozessüberwachtes und geregeltes mechanisches Festwalzen‘ wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) gefördert und von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) betreut. MCU und IFW bedanken sich für die finanzielle Unterstützung in diesem Projekt.

Um die sensorischen Eigenschaften des Werkzeugs zu bestimmen, wurden Referenzversuche am IFW durchgeführt. Dabei erfolgte ein Vergleich der mehrachsigen Walzkraftmessung des sensorischen Festwalzwerkzeugs mit der eines Mehrkoordinatendynamometers. Es konnte gezeigt werden, dass das Festwalzwerkzeug eine Kraftauflösung von ±20N erreicht. Bezogen auf den vorgesehenen Anwendungsbereich von bis zu 4kN bedeutet dies eine Abweichung von maximal 0,5 Prozent. Damit wird die ursprünglich für die Prozessüberwachung zum Ziel gesetzte Kraftauflösung von 100N erreicht, sodass sich das Werkzeug für die Prozessüberwachung und -regelung ideal eignet.

Fehlerdetektion mit dem sensorischen Festwalzwerkzeug
Fehlerdetektion mit dem sensorischen Festwalzwerkzeug – Bild: IFW – Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen, Leibniz Universität Hannover

Fehler automatisch detektieren

Das Festwalzwerkzeug wurde anschließend in ersten Versuchen im realen Festwalzprozess auf seine sensorischen Eigenschaften untersucht. Anhand einer einfachen Welle konnte so das Potential des Werkzeugs gezeigt werden. Die mehrachsige Kraftmessung erlaubt es Fehlstellen im Material zu detektieren, die sich in einem Abfallen der Walzkraft zeigen. Darüber hinaus ließ sich eine Unrundheit der Walzrolle erkennen, die sich in einem der Walzrollendrehzahl entsprechenden sinusförmigen An- und Abschwellen der Walzkraft zeigt. Schwankungen der Walzkraft sind insofern kritisch, dass die Walzkraft entscheidend für die resultierende Oberfläche sowie die eingebrachten Eigenspannungen ist. Des Weiteren war eine Zunahme der Walzkraft bei Annährung an das Spannfutter erkennbar. Dies resultiert aus der mit Abstand zum Spannfutter zunehmenden Durchbiegung der Welle und soll in Zukunft durch ein Nachregeln der Achsen kompensiert werden.

Seiten: 1 2Auf einer Seite lesen

Institut für Fertigungstechnik und

Das könnte Sie auch Interessieren

Bild: INGERSOLL Werkzeuge GmbH
Bild: INGERSOLL Werkzeuge GmbH
Anwenderstory: Stabil in die Tiefe bohren

Anwenderstory: Stabil in die Tiefe bohren

Die beiden Unternehmen Deutsche Aircraft und Heggemann entwickeln gemeinsam verbesserte Flugzeugfahrwerke für die DAG Regionalflugzeugflotte DO328 TP & Jet sowie die zurzeit in Entwicklung befindliche zukünftige Turboprop-Variante D328eco. Zur Herstellung der Bauteile sind tiefe Bohrungen erforderlich. Meissner aus Biedenkopf-Wallau übernahm diese Aufgabe für den Zulieferer, dessen Bearbeitungszentren dafür zu klein sind. Die entsprechenden Tools baute Ingersoll Werkzeuge aus seinem InnoFit-System mit dem Schwingungsdämpfer I-Absorber und passenden Fräsern modular auf.

Bild: Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH - Nico Sauermann
Bild: Hartmetall-Werkzeugfabrik Paul Horn GmbH - Nico Sauermann
Für Langdrehmaschinen optimiert

Für Langdrehmaschinen optimiert

Der Werkzeughersteller Paul Horn aus Tübingen hat nie aufgehört, das bestehende Produktportfolio stets weiterzuentwickeln und zu optimieren. Parallel dazu integriert Horn die Wertschöpfung zu nahezu 100 Prozent in die eigene Produktion. Die Einsatzmöglichkeiten der Werkzeugsysteme sind inzwischen enorm gewachsen. Die heutigen Zerspanungsaufgaben und der Einsatz in einem vielfältigen Werkstoffspektrum verlangen eine ständige Weiterentwicklung und Anpassung der Werkzeugsysteme.

Bild: Igus GmbH
Bild: Igus GmbH
Next Level Recycling

Next Level Recycling

Kunststoffe sind besonders vielseitig anwendbar und in unserem Alltag umfassend im Einsatz. Erreichen sie ihr Lebensende, landen sie jedoch häufig in der Verbrennungsanlage. Um kostbare Ressourcen und die Umwelt zu schonen, gilt es eine nachhaltige Kunststoffwirtschaft zu fördern. Dieses Ziel verfolgt auch der Kölner Kunststoffspezialist Igus mit seiner Recycling-Plattform ‚Chainge‘.

Bild: Porsche
Bild: Porsche
Temporeiche Kooperation

Temporeiche Kooperation

Der Werkzeugmaschinenspezialist Heller aus Nürtingen ist ab sofort neuer Technologiepartner von Porsche Penske Motorsport. Erstmals sichtbar wird die Kooperation beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans am 10. und 11. Juni 2023. „Heller und Porsche Penske Motorsport verbindet die gleichen Werte: Präzision im Detail und Nachhaltigkeit in Entwicklung und Produktion“, beschreibt Heller Vorstandschef Dr. Thorsten Schmidt die neue Partnerschaft.

Bild: Ultimaker B.V.
Bild: Ultimaker B.V.
Erweiterungssatz für den 3D-Druck mit Metallen

Erweiterungssatz für den 3D-Druck mit Metallen

Der Anbieter Ultimaker aus den Niederlanden erweitert sein Portfolio um ein Metal Expansion Kit, das den 3D-Druck aus Metall verfügbarer und kostengünstiger machen soll. Durch den Erweiterungssatz lassen sich Bauteile mit hoher mechanischer Belastung und thermischer Beständigkeit produzieren, die selbst mit Hochleistungs-Thermoplasten bisher nicht herstellbar sind.

Bild: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Bild: Schaeffler Technologies AG & Co. KG
Neues Mitglied im Vorstand

Neues Mitglied im Vorstand

Der Schaeffler-Aufsichtsrat hat mit Wirkung ab 1. Mai 2024 Sascha Zaps (48) zum Mitglied des Vorstands der Schaeffler AG und zum neuen Vorstand Industrial berufen. Er folgt in dieser Position auf Dr. Stefan Spindler (61), der seinen Vertrag aus Altersgründen nicht über den 30. April 2024 hinaus verlängern wird. Dr. Stefan Spindler hatte die Rolle am 1. Mai 2015 übernommen. Sascha Zaps (Bild) kam 2019 zu Schaeffler und wurde am 1. September 2021 zum Regional CEO Europa ernannt.

Bild: Automation24 GmbH
Bild: Automation24 GmbH
Konfigurierbare Sicherheitslösungen

Konfigurierbare Sicherheitslösungen

Um den stetig wachsenden und sich ändernden Sicherheitsauflagen bei modernen Produktionsanlagen gerecht zu werden, baut Automation24 sein Angebot an Sicherheitstechnik sukzessive aus. So sorgen die Sicherheitsschaltleisten und -bumper vom Hersteller ASO Safety Solutions für ein sicheres Stoppen von Systemen und für die Sicherung an Quetsch- und Scherkanten. Beide Komponenten sind im Online-Shop konfigurierbar und lassen sich auf die werkseigenen Bedingungen anpassen.

Bild: KISSsoft AG
Bild: KISSsoft AG
Festigkeitsberechnung von Kegelrädern

Festigkeitsberechnung von Kegelrädern

Die Festigkeitsberechnung von Kegelrädern nach Normen wie ISO, AGMA etc. wird auf der Basis von Ersatzstirnrädern durchgeführt – lediglich modifiziert durch einige spezifische Kegelradfaktoren. Die Auslegungsmethoden dieser Normen umfassen auch die Berechnung der zulässigen Beanspruchungen und ergeben schließlich die Sicherheitsfaktoren. Mithilfe der Kontaktanalyse für Kegelräder lassen sich die Beanspruchungen berechnen.