Fachartikel: Präzision für Fahrradträume

Bernd Iwanow folgt seinem Bauchgefühl. Ist er überzeugt, überträgt er seine Idee in einen NC-Code, den seine beiden Hermle-Bearbeitungszentren präzise in die aufgespannten Aluminiumblöcke fräsen. Das Ergebnis: Ein Fahrrad namens Fracebike, dessen Anblick ebenso ungewöhnlich ist wie die Tatsache, dass Iwanow selber kein Rad fährt.
Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

Surrend fährt das Rolltor der ehemaligen Busgarage hoch. Der Blick fällt auf Werkbänke und Rollwagen, auf denen halbfertige Werkstücke auf den nächsten Bearbeitungsschritt warten: Aufträge für Vorrichtungsbauer aus der Automobilindustrie. Weiter hinten leuchten die Arbeitsräume zweier 5-Achs-Bearbeitungszentren (BAZ) der Maschinenfabrik Berthold Hermle AG. Flink und präzise führen die Spindeln der C 400 U das Schneidwerkzeug von Ceratizit über die aufgespannten Bauteile. Kühlmittel spritzt, Späne fliegen. Bernd Iwanow ist stolz auf das, was er in 14 Jahren aufgebaut hat.

>>Erfahrung, Knowhow und einen zuverlässigen Maschinenpark<<

Sein Rezept klingt simpel: „Ich bin zuverlässig.“ Für ihn bedeutet das, Liefertermine realistisch zu kalkulieren und diese auch einzuhalten. Dass sein Verständnis von einem zuverlässigen Partner nicht selbstverständlich ist, hat er in den letzten Jahren seiner Festanstellung oft erlebt. Bearbeitungsprozesse wurden zugunsten anderer Aufträge verschoben, Liefertermine nicht eingehalten. „Ich kann das besser“, sagte sich Bernd Iwanow 2004 und beschäftigte sich erstmals mit dem Gedanken der Selbstständigkeit. 2006 ging er den entscheidenden Schritt und gründete die CNC Future Technics GmbH in Lossa, einem Ort in Sachsen-Anhalt, rund eine Autostunde von Erfurt entfernt. Was er dafür brauchte: Erfahrung, Knowhow und einen zuverlässigen Maschinenpark.

Auf den C 400 U von Hermle verwirklicht Bernd Iwanow seine Idee von einem CNC-gefrästen Fahrrad. Mit Federgabel, Schaltung und Bremsanlage wiegt es rund 17kg.
Auf den C 400 U von Hermle verwirklicht Bernd Iwanow seine Idee von einem CNC-gefrästen Fahrrad. Mit Federgabel, Schaltung und Bremsanlage wiegt es rund 17kg. Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

Mit Emelie gestartet

Auf der Metav 2005 in Düsseldorf, Fachmesse für die Technologien der Metallbearbeitung und Fertigungstechnik, stieß er das erste Mal auf Hermle. Das Vorhaben, sein Unternehmen mit einer Fräsmaschine eines anderen Herstellers zu starten, revidierte er nach dem Besuch des Hermle-Messestands. „Das Konzept überzeugte mich sofort“, so Iwanow. Was ebenfalls passte war der Kontakt zu Hermle: Iwanow und Glenn Dieling, HPV Hermle Vertriebs GmbH, lernten und arbeiteten in der gleichen Firma – vor 37 Jahren. „Das war 2004 eine erfreuliche Überraschung, als wir uns in Hermles Ausstellungszentrum in Kassel live gegenüberstanden“, erinnert sich Dieling.

Ende des Jahres zog eine C 40 U ein. Mit seiner „Emelie“, wie Iwanow die erste Maschine nannte, stieg er in die Lohnfertigung ein. 2016 und 2017 erneuerte er seinen Maschinenpark und investierte in zwei C 400 U. Heute bearbeitet er mit sieben Mitarbeitern Einzelteile und Kleinserien bis 20 Stück für Vorrichtungsbauer und Zulieferer der Automobilindustrie. Und einen Fahrradrahmen mit Hingucker-Garantie – wenn es die Auftragslage zulässt.

Das Fracebike kommt ohne Schweißnähte aus: 15 Titanschrauben 
halten die acht Rahmenkomponenten zusammen.
Das Fracebike kommt ohne Schweißnähte aus: 15 Titanschrauben halten die acht Rahmenkomponenten zusammen. Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

Aus dem Vollen gefräst

Wie es dazu kam, erzählt Iwanow gerne: 2014 kontaktierten ihn die Mitteldeutschen Fahrradwerke, kurz Mifa. „Mifa entwickelte damals ein neues Elektro-Klapprad. Ich sollte den Sicherheitsmechanismus für die Klappfunktion umsetzen“, erläutert Iwanow. Für ihn ein neuer und spannender Auftrag, abseits der gewohnten Pfade. Die Insolvenz des Fahrradbauers aus Sachsen-Anhalt machte dem Projekt ein plötzliches Ende. Die Idee, ein Fahrrad selber zu konstruieren, blieb. „Ich fing an, über Räder mit CNC-gefertigten Komponenten zu recherchieren und war erstaunt. Ich fand keinen Hersteller, der einen Rahmen am Stück, also ohne Schweißnähte oder Klebestellen, gefräst hatte“, berichtet Bernd Iwanow. Er entschied sich, ein Enduro-Mountainbike für das Trail-Riding zu bauen, das für Aufsehen sorgen soll.

Bild: Maschinenfabrik Berthold Hermle AG

70kg hochfestes Aluminium, 25 Stunden Bearbeitungszeit und drei Aufspannungen braucht er für den Rahmen, der aus acht einzelnen Frästeilen und 15 Titanschrauben besteht – auch diese fertigt Iwanow selbst. Das Fracebike lässt fast 64kg Späne hinter sich, bevor es eloxiert und zu einer echten Enduro komplettiert wird. Ob die Konstruktion das hält, was die Optik verspricht, überprüfte er im Labor und mithilfe der Finiten Elemente Methode. Fazit: Ein Radius war zu klein gewählt, der Rahmen brach. Seitdem Iwanow diesen angepasst hat, besteht das Rad jeden Dauertest – sowohl auf dem Prüfstand als auch auf der Piste.

Kein Gedanke an die Maschine

Die Herausforderungen lagen im Programmieren der Maschine, der Planung des Werkzeugeinsatzes sowie der Frässtrategie. Worüber er sich hingegen keine Gedanken machen musste – ob sein Maschinenpark der Aufgabe gewachsen ist. „Die Hermle-Maschinen arbeiten äußerst zuverlässig und präzise“, lobt er. Damit er seine Lieferzusagen einhalten kann, muss er sich auf seine Anlagen verlassen können. Kommt es dennoch zu einem Ausfall, ist der Service von Hermle innerhalb von 24 Stunden vor Ort. „Man merkt schnell, dass die Techniker einen Plan von der gesamten Maschine haben: inklusive Hydraulik, Elektrik und Mechanik. Fehler sind so in kürzester Zeit behoben und ich kann meine Lieferfristen einhalten“, weiß Iwanow zu schätzen.

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